Die „edle Musica“ – so heißt es in den Geschichtsbüchern – wurde im Markt Thurnau schon vor über 450 Jahren gepflegt. Der älteste erbrachte Nachweis geht auf das Jahr 1552 zurück, wobei keinesfalls ausgeschlossen ist, dass sogar noch Belege aus früherer Zeit existieren. Schon damals unterrichtete der so genannte Cantor in der hiesigen Lateinschule die Knaben der ersten und zweiten Klasse in der Musik. Die Kinder wurden im „Orgelspiel ausgebildet, lernten Posaunen und Zinken und Baßgeigen und die sonst nötigen Instrumente“.
Nach dem 30-jährigen Krieg (1618 bis 1648), in dessen Verlauf die Pest weit über 200 Thurnauer dahinraffte, war der Markt Thurnau praktisch ausgestorben, die Häuser ausgeplündert und zerstört. Nach dem mühsamen Wiederaufbau und dem Wachsen des Ortes wurde nach der Überlieferung im Jahre 1684 ein hauptberuflicher Musikus und Stadtpfeifer namens Heinrich Spitz angestellt, der geeignete Knaben in der Musik, vor allem im Orgelspiel unterrichten musste. Das Musikwesen entfaltete sich langsam wieder. Da das Leben am Hofe im Schloss wieder zunahm, Empfänge stattfanden und Menschen anlockten, wuchs auch die Zahl der Feierlichkeiten, bei denen eine musikalische Unterhaltung gefragt war. Die Einwohner feierten wieder ihre weltlichen wie kirchlichen Feste, die Anlässe, bei denen Musikanten gebraucht wurden, mehrten sich, auch Gottesdienste wurden mit Posaunen und Zinken begleitet. Als Lohn erhielt ein Cantor damals 45 Gulden sowie je 8 Maß Weizen, Korn, Gerste und Haber.
Die Namen Creta, Wächter, Steinhäuser, Munzert oder Ammon sind eng mit der Musik in Thurnau verbunden. Und auch im Schloss wurde die Hofmusik gepflegt. Anfang des 19. Jahrhunderts begann die Ära Walther. Vater und Sohn waren äußerst talentiert: Sie leiteten nicht nur Kirchenchor, Posaunenchor und eine Blaskapelle, sondern spielten auch Orgel und erteilten zudem Musikunterricht. Und auch die beiden hübschen Töchter bliesen in der Kirche. Als die Blicke der jungen Männer statt zum Altar immer öfter zum Chor wanderten und wiederholte Ermahnungen fruchtlos blieben, mussten die Mädchen den Posaunendienst in der Kirche „gemäß höherer Weisung“ beenden.
Die offizielle Gründung des Musikvereins Thurnau fand am Samstag, 26. August 1905, „abends 8 Uhr“ im Gasthof „Goldene Krone“ am Marktplatz im Prechtel´schen Nebenzimmer statt. Einem Bericht im „Fränkischen Landboten“, der dreimal wöchentlich in Thurnau erscheinenden Lokalzeitung, war in der Ausgabe von Dienstag, 29. August 1905 zu entnehmen, dass sich „die definitive Gründung eines Musikvereins dahier sich am Samstag vollzogen hat“. 23 Männer meldeten sich spontan als aktive Mitglieder an, zu ihrem Vorsitzenden wählten sie in sechs Wahlgängen Konrad Sannwald. 2. Vorsitzender wurde Johann Steinlein. Den Vorstand komplettierten Johann Kunstmann als Kassier, Andreas Ernst als Schriftführer und Heinrich Kolb als Dirigent. Letzterer sollte als Leiter des Posaunenchors und Dirigent des Musikvereins bis 1945 im Amt bleiben. Andreas Soziaghi, Gottfried Friedrich und Georg Vogel gehörten dem ersten Ausschuss an. Als Monatsbeitrag für passive Mitglieder wurden 20 Pfennig festgelegt. Um die rund 550 Mark teuren Instrumente anschaffen zu können, wurden 100 Aktien zu jeweils fünf Mark ausgegeben. Gekauft wurden von dem Geld drei Flügelhörner, zwei Bass-Trompeten, zwei Es-Klarinetten, zwei Althörner, zwei Es-Trompeten, drei B-Klarinetten, ein Bombardon, eine Bass-Tromba, zwei Posaunen, zwei B-Trompeten, eine große Trommel und eine Wirbel-Trommel. Der „Fränkische Landbote“ gab dem jungen Verein eine Hoffnung mit auf den Weg. Er „möge wachsen, blühen und gedeihen“. Mit Eifer machten sich die Musiker an die Proben.
Die ersten Auftritte
Das erste Standkonzert des Thurnauer Musikvereins fand bereits am 12. März 1906, dem Geburtstag Seiner Königlichen Hoheit, des Prinzregenten Luitpold, auf dem Marktplatz statt. „Glänzend bestanden die Musiker die Feuerprobe“, so berichtete der „Fränkische Landbote“. Prominentester Zuhörer bei diesem Standkonzert war Siegfried Wagner, der Sohn des großen Meisters von Bayreuth. Er zeigte sich überrascht über den hervorragenden Klangkörper des Orchesters und sprach anerkennende Worte. Im Jahre 1908 gab der Musikverein gemeinsam mit dem Gesangverein „Liederkranz“ ein großes Konzert zugunsten der „Zeppelinhilfe“. Im gleichen Jahr und auch 1909 fanden die Eröffnungsfeierlichkeiten für die Bahnstrecken Thurnau-Kulmbach und Thurnau-Bayreuth statt, natürlich musikalisch begleitet von dem noch jungen, aber schon sehr aktiven Verein.
Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch Seiner Königlichen Hoheit, des Prinzen Alfons von Bayern, am 4. und 5. September 1910 in Thurnau, welcher einer Einladung Seiner Erlaucht Graf und Herr von Giech gefolgt war. Auch er war angetan von den Darbietungen des Musikvereins. Ebenfalls 1910 übernahm Adam Lauterbach den Vorsitz des Vereins, er blieb bis 1914 und nach dem Ersten Weltkrieg von 1919 bis 1936 im Amt.Lorem ipsum dolor sit amet, consectetur adipiscing elit. Ut elit tellus, luctus nec ullamcorper mattis, pulvinar dapibus leo.Der Erste Weltkrieg
Während des Ersten Weltkriegs (1914 – 1918) ruhte das Vereinsleben völlig. Der Grund war klar: 13 aktive und elf passive Mitglieder standen an der Front, fünf Kameraden kehrten nicht mehr heim.
Der Neuaufbau des Vereins nach dem Krieg wurde durch die nun folgende wirtschaftliche Not und Inflation arg gehemmt. So kostete ein Liter Bier Anfang August 1923 stolze 25000 Mark, Ende August 1923 bereits 50000 Mark. Es folgte eine Notzeit, die von Arbeitslosigkeit und politischen Kämpfen geprägt war.
Mitten in diese schwere Zeit fiel das 25-jährige Gründungsfest des Vereins, das, wie es die Umstände erforderten, schlicht und einfach begangen wurde.
Zu jener Zeit übernahm der Musikverein den instrumentalen Teil der vom „Liederkranz“ dreimal aufgeführten Operette „Wenn der Himmel voller Geigen“.
Zwei weitere Auftritte sind überliefert: im Jahre 1931 spielte der Musikverein für den Thurnauer Turnerbund – dem heutigen TSV – zum „Tag des Volkssports“ auf, und auch die zweite Veranstaltung, die Tagung des Oberfränkischen Scharfschützenbundes in Thurnau, hatte einen sportlichen Hintergrund.
Das Dritte Reich
Die Machtübernahme Adolf Hitlers hatte natürlich auch tiefgreifende Auswirkungen auf das Vereinsleben in Thurnau. Von 1933 bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs musste der Musikverein nicht nur bei verschiedenen Festen und Feierlichkeiten spielen, sondern auch diverse Aufmärsche der Nationalsozialisten musikalisch begleiten. 1936 wurde Hans Lehner zum neuen Vorsitzenden gewählt – er blieb bis 1950 im Amt. Im Zweiten Weltkrieg kam das Vereinsleben erneut gänzlich zum Erliegen. Fünf Musiker fielen an der Front.
Die Nachkriegszeit
Am 13. April 1945 marschierten amerikanische Truppen in den Landkreis Kulmbach ein, an diesem Tag endete auch in Thurnau der Zweite Weltkrieg. Die US-Militärregierung untersagte dem Musikverein zunächst jegliche Tätigkeit. Zwar riefen einige Idealisten am 30. Januar 1946 den Verein neu ins Leben, doch erwies sich die Wiedergründung als unwirksam.
Fast zwei Jahre, bis zum 18. Dezember 1947, mussten die Musiker warten, bis der kurz zuvor, am 9. Oktober 1947 wiedergegründete Musikverein von den Amerikanern eine Lizenz erhielt. Die Bildung eines Vorstands hatte sich als schwierig erwiesen, da nur völlig unbelastete Personen von den US-Militärs anerkannt wurden und eine Führungsposition übernehmen durften. Und wollte eine Person Mitglied sein, musste erst das politische Verfahren abgewickelt sein, was sich oftmals sehr verzögerte. Bei der Wiedergründung an jenem 9. Oktober 1947 wurde Hans Lehner erneut zum Vorsitzenden, Max Renner zu seinem Stellvertreter gewählt. Dem Vorstand gehörten ferner Chormeister Helmuth Kretschmer, Kassier Andreas Krögel und Schriftführer Gustav Fickenscher an. Diese fünf Männer unterzeichneten auch die neue Satzung, nach der es sich der Musikverein zur Aufgabe stellte, „eine gute Musik heranzubilden, zu fördern und zu pflegen“. Aktives Mitglied konnte „jeder junge Mann werden, welcher das schulpflichtige Alter hinter sich hat und seine musikalische Befähigung nachweisen kann“. Für die Aktiven fiel kein Beitrag an, allerdings mussten sie zehn Pfennig Strafe zahlen, blieben sie einmal unentschuldigt der Probe fern. Passive Mitglieder mussten dagegen eine Aufnahmegebühr von zwei Mark und einen Monatsbeitrag von 30 Pfennig entrichten. Ein bemerkenswerter Passus ist unter Paragraf 12 zu finden: „Unanständiges Betragen, Zänkereien sowie politische Betätigung innerhalb des Vereins müssen sorgfältig vermieden werden.“
Der Wiederaufbau
Die Währungsreform am 20. Juni 1948 hatte für den Musikverein unangenehme Folgen: sämtliche Ersparnisse waren futsch, der Start musste nun ganz von vorne beginnen, zumal auch viele Instrumente nach der neunjährigen turbulenten Zwangspause nicht mehr vorhanden waren oder gründlich repariert werden mussten.
Erst ab 1949 konnte das Blasorchester – nach zehnjähriger Zwangspause – wieder in Aktion treten. Im gleichen Jahr fand das erste Gregoriusfest nach dem Krieg statt, 1950 dann das erste Nachkriegs-Schützenfest und das Kreis-Jugendtreffen in Thurnau. Es ging wieder bergauf. Im Jahre 1951 wurde das Streichorchester des Vereins aufgebaut, auch eine Schrammelabteilung umrahmte zahlreiche Festveranstaltungen. 1952 beging der Musikverein Kasendorf sein 50-jähriges Bestehen, wozu der Musikverein Thurnau die Patenschaft übernahm. Hans Müller (1950 bis 1953), Fritz Soziaghi (1953 bis 1954) und Dr. Hans Mooser (1954 bis 1972) leiteten fortan die Geschicke des Vereins, als Dirigenten fungierten Walter Krusch (1949 bis 1951), Paul Küchle (1951 bis 1958 und 1962 bis 1964) und Josef Klier (1958 bis 1962).
Die 50-Jahr-Feier
Am 11. und 12. 6. 1955 beging der Musikverein Thurnau eindrucksvoll sein 50-jähriges Bestehen. „Allein die Ausschmückung der Straßen, Häuser und Fenster bezeugte das rege Interesse der gesamten Einwohnerschaft an dem Jubelfest“, berichtete die Fränkische Presse. Beim Kommers erwies sich der Saal des „Fränkischen Hofs“ als zu klein, um alle Besucher aufzunehmen. Den Höhepunkt bildete die Überreichung der höchsten Auszeichnung des Fränkischen Musikbundes, der „Goldmedaille am rot-weißen Frankenband“, die ein sichtlich beeindruckter Präsident Georg Heinlein an Vorsitzenden Dr. Hans Mooser überreichte. Für den musikalischen Rahmen sorgten das Streichorchster, das unter Leitung von Stabsmusikmeister Paul Küchle für sein mustergültiges Programm „mit Beifall überschüttet“ wurde, und der Sängerbund, der ein von Raimund Rauh geschriebenes und von Chorleiter Emanuel Vogt vertontes „Thurnauer Heimatlied“ zu Gehör brachte. Anmutige Tänze zeigte zudem die Volkstanzgruppe der Naturfreunde.
Der Festsonntag begann mit einem Weckruf der Kapelle und einem Gottesdienst, dem ein Standkonzert der Jugendkapelle auf dem Marktplatz folgte. Um 13 Uhr setzte sich dann ein mächtiger Festzug Richtung Schützenplatz in Bewegung, wo das anschließende bunte Treiben deutlich unter der nasskalten Witterung litt. Der Stimmung tat das keinen Abbruch, man zog kurzerhand in den „Fränkischen Hof“ um, wo bis in die Nacht hinein das Tanzbein geschwungen wurde.
Die Fünfziger und Sechziger
Für die im Jahre 1955 vom Sängerbund Thurnau veranstalteten fünf Vorstellungen der Operette „Winzerliesel“ stellte der Verein den musikalischen Teil. In den Jahren 1955/59 wurde wiederholt bei den Touristenabenden des hiesigen Verkehrsvereins musiziert, wobei sich besonders die Schrammelabteilung unter Leitung von Ludwig Pöhlmann, wie bei so vielen sonstigen Anlässen, hervortat. 1958 wurde bei der Bestattung der verehrten Erlaucht, Frau Gräfin Agnes von Giech die Trauermusik gespielt. Im Jahre 1963 erhielten die Musiker neue Schildmützen und 1965 neue Joppen, so daß das äußere Bild des Orchesters jeweils einen guten Eindruck machte. Nach Jahren der Pause war im Jahre 1965 anlässlich der Sparkasseneinweihung wieder mal ein Standkonzert. Ein Jahr zuvor schon hatte Rudolf Eschenbacher die Leitung des Orchesters übernommen. Der 20. Juli 1969 war für den Musikverein Thurnau ein bedeutender Tag. Erstmals in der Vereinsgeschichte nahm man beim Bundes-Bezirksmusikfest in Burghaig an einem Wertungsspiel teil. Mit dem Stück „Besuch bei Offenbach“ schafften die Musiker mit 100 Punkten einen ersten Platz in der Mittelstufe.
Die Siebziger
In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts waren die Musiker sehr aktiv. Feste Termine im Jahreskalender waren das Chorkonzert am Ostermorgen, das Maiblasen, Ständchen, die Ausgestaltung des Schützen- und Gregoriusfests oder der Fronleichnamsprozession. Und natürlich wurden zahlreiche Feste in der Nachbarschaft besucht und mit ausgestaltet. Ein besonderer Auftritt fand 1970 im Schlosshof statt, wo das Orchester Botschafter von Holleben nach einem schrecklichen Kidnapping wieder herzlich in der Heimat begrüßen konnte. Bei der Hauptversammlung 1972 wurde Raimund Rauh zum Nachfolger des langjährigen Vorsitzenden und künftigen Ehrenvorsitzenden Dr. Hans Mooser gewählt. Im Jahre 1973 gründete sich eine Zehn-Mann-Kapelle aus dem Aktivum des Vereins, sie konnte große Erfolge verzeichnen. Im gleichen Jahr knüpfte der Verein mit einem Konzertabend im „Haus der Jugend“ unter der Leitung von Rudolf Eschenbacher an die alte Tradition der jährlichen Weihnachtskonzerte an – die Herbstkonzerte waren geboren. Weiterer Höhepunkt war 1978 die Einweihung des Schlossweihers, natürlich umrahmte der Musikverein diesen Festtag. Im gleichen Jahr löste Manfred Kern Raimund Rauh als Vorsitzenden ab, der Verein zählte damals 81 Mitglieder, davon 25 Aktive. Am 9. November 1979 beschlossen die Mitglieder den Eintrag ins Vereinsregister – der Verein durfte fortan den Zusatz e.V. tragen – und eine neue Vereinssatzung, die nun als Zweck „die Förderung des musikalischen Kuturgutes, insbesondere durch die Pflege volkstümlicher Musik in einem Orchester“ angab.
Die 75-Jahr-Feier
Vom 13. bis 16. Juni 1980 feierten die Thurnauer Musiker – in neuen schmucken Uniformen – ihr 75-jähriges Bestehen, das mit dem Kreismusikfest des Nordbayerischen Musikbundes verbunden war. „Thurnau wäre ohne Musikverein sehr arm“, sagte Schirmherr Bürgermeister Hans-Friedrich Hacker beim Kommers im Festzelt an der Schorrmühle. Hohe Ehrungen wurden damals Hans Müller und Heinrich Soziaghi zuteil, die beide die goldene Ehrennadel erhielten. Hans Kolb, Heinrich Soziaghi, Andreas Schwender und Andreas Kleinlein wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt. Jodlerkönig Franzl Lang war Stargast beim großen Bunten Abend. Absoluter Höhepunkt war der farbenprächtige Festzug mit nicht weniger als elf Musikkapellen und Spielmannszügen. Den Massenchor auf dem Markplatz dirigierte der Kreisvorsitzende des Nordbayerischen Musikbunds, Robert Hofmann. Stimmungsvoll bei Bratwürsten und Magnus-Bier ging das Festwochenende dann im Festzelt zu Ende.
Die Achtziger
Das große richtungsweisende Ereignis dieses Jahrzehnts fand bereits am 18. Januar 1981 statt, als eine Jugendkapelle aus der Taufe gehoben wurde. Die Proben leiteten Klaus Gebhard, Manfred Kern, Helmut Weber, Jürgen Ramming, Jürgen Eyßer und Christian Schmidt. Alle interessierten Jungen und Mädchen, sollten in Einzelunterricht ausgebildet werden. Rund 16000 Mark mussten für die Anschaffung neuer Instrumente investiert werden. Doch der Aufwand lohnte sich. Schon ein gutes Jahr später gehörten dem Nachwuchsorchester 38 Kinder an. Am 16. Mai hatte für die Jugendlichen das Proben ein Ende. Beim Frühlingssingen am Schlossweiher meisterten sie vor rund 1000 Zuhörern ihren ersten öffentlichen Auftritt mit Bravour. Als Stücke hatten sie sich mit ihrem Dirigenten Heinz Sack „Aller Anfang ist schwer“ und „Ännchen von Tharau“ ausgesucht. Das Herbstkonzert wenige Monate später im Schützenhaus war für die Jungen dann fast schon Routine. Vom 14. bis 16. Juni 1985 feierte der Musikverein in der Festhalle Vogel am Bahnhofsgelände sein 80-jähriges Bestehen und zugleich fünf Jahre Jugendkapelle. Das dreitägige bunte Treiben wurde zu einer Werbung für die Blasmusik. Für mehr als 22-jährige Tätigkeit als Chorleiter und Dirigent erhielt Rudolf Eschenbacher beim Herbstkonzert 1986 als erster Dirigent Nordbayerns die neu geschaffene Ehrennadel in Gold. Der neue erste Vorsitzende Reinhold Jarothe überreichte Eschenbacher einen Keramikteller. Heinz Sack übergab bei der Hauptversammlung im März 1987 den Dirigentenstab des Jugendorchesters an den Berufsmusiker Henryk Fox aus Hof, mit dem eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Klangkörpers gesichert war. Der Mitgliederstand war auf 175 angewachsen, darunter waren 69 Aktive. Bedauert wurde in der Versammlung, dass der Musikverein nach 75 Jahren die Probenräume in der Gaststätte Rehe (heute „Zum Schlosswirt“) verlassen musste, eine neue Heimat fand man in der Volksschule. Dort bildete Fox auch ein Kinderorchester aus, das bei seinem ersten Auftritt bei der Weihnachtsfeier 1987 in der Schorrmühle viel Beifall erhielt. Bei der Hauptversammlung Ende Februar 1988 trug Vorsitzender Reinhold Jarothe einen Wunsch vor. Er wollte wissen, ob es aufgrund der räumlichen Enge in der Schule nicht möglich wäre, im alten Rathaus neue Vereinsräume zu schaffen. Bürgermeister Hans-Friedrich Hacker signalisierte, gemeinsam mit den Musikern nach einer zufriedenstellenden Lösung zu suchen. Der Wunsch blieb unerfüllt.
Das Kreismusikfest 1990
Vom 1. bis 4. Juni 1990 führte der Musikverein Thurnau aus Anlass seines 85-jährigen Bestehens sowie der Zehn-Jahr-Feier der Jugendkapelle das Kreismusikfest durch. Vom Kommers, über einen Bunten Abend, einem Festzug mit anschließendem großen Gemeinschaftschor auf dem Marktplatz sowie Tanz- und Unterhaltungsabenden bot man den vielen Gästen aus nah und fern ein abwechslungsreiches Programm.
Die neunziger Jahre
An der Schwelle zum Jahr 1991 ließen Mitglieder des Musikvereins eine alte Tradition wieder aufleben: Auf dem Platz vor der Kirche begrüßten die Turmbläser das Neue Jahr mit einigen Liedern – auf den Turm von St. Laurentius konnten die Bläser nicht, er war wegen Bauarbeiten gesperrt. Auch in den neunziger Jahren waren die Herbstkonzerte, die nun in der Turnhalle der Volksschule stattfanden, die absoluten Höhepunkte im Jahresablauf. Im April 1992 wurde eine neue Ära im Musikverein Thurnau eingeleitet. Walter Hofmann, erst 31 Jahr alt, übernahm die Spitze des mittlerweile auf über 200 Mitglieder angewachsenen Vereins. In den folgenden Jahren kam es wiederholt zu Spannungen zwischen den älteren Bläsern und dem Jugendorchester, die in der Hauptversammlung Mitte März 1993 zu unüberhörbaren Misstönen zwischen den „jungen Wilden“ und dem Großteil der „alten Garde.
Im Laufe des Jahres verließen sogar zwölf Musiker aus Protest den Verein, doch schon ein Jahr später konnte Vorsitzender Walter Hofmann in der Hauptversammlung berichten, dass wieder Ruhe eingekehrt war. Bei den folgenden Herbstkonzerten vor jeweils ausverkauftem Haus wurde das Thurnauer Orchester für seine schwungvollen und im Niveau ständig steigenden Darbietungen mit verdientem Beifall regelrecht überhäuft. Am 20. und 21. Mai 1995 feierte man in kleinerem Rahmen und einem anspruchsvollen Jubiläumskonzert im Schlosshof sein 90-jähriges Bestehen. Etwa zur gleichen Zeit forcierte der Vorstand die musikalische Früherziehung – eine Maßnahme, für die man in den folgenden Jahren bis heute reiche Ernte einfahren konnte. Nach dem Herbstkonzert gab Dirigent Henryk Fox aus gesundheitlichen Gründen den Dirigentenstab aus den Händen. Michael Weber, erster Klarinettist, erklärte sich spontan bereit, den Posten vorübergehend zu übernehmen. 1996 gehörten dem Musikverein 257 Mitglieder an, 1996 war aber auch ein äußerst turbulentes Jahr. Beim Herbstkonzert des gleichen Jahres feierte Dirigent Henryk Fox ein sensationelles Comeback – ohne seine kurzfristige Zusage hätte man die Traditionsveranstaltung vermutlich absagen müssen. Und ohne seine Zusage, so räumte Vorsitzender Walter Hofmann bei der Hauptversammlung 1997 ein, wäre wohl sogar der gesamte Musikverein in seinem Bestand bedroht gewesen. „Rettung in letzter Minute“ titelte damals die Bayerische Rundschau. Nach dem erneuten, diesmal endgültigen Rücktritt von Henryk Fox übernahm Karl-Heinz Sack die Leitung des zwischenzeitlich auf 25 Musiker geschrumpften Orchesters. Fox wurde beim Herbstkonzert 1998 für seine Verdienste zum Ehrendirigenten ernannt.
Die ersten Jahre des neuen Jahrtausends
Das neue Jahrtausend begann für den Musikverein Thurnau mit einer entscheidenden Weichenstellung. Im Jahr 2000 konnte der damals 33-jährige Bad Bernecker Manfred Grabolle als neuer Dirigent gewonnen werden – ein absoluter Glücksgriff, wie sich schon bald zeigen sollte. Der ehemalige Registerführer und diplomierte Musiklehrer, in Insiderkreisen auch als Bolle Piton oder eine Hälfte des Duos Bolle und Schatz bekannt, verstand es glänzend, die zumeist noch sehr jungen Musiker zu führen und zu Höchstleistungen zu animieren. Seine Bewährungsprobe bestand Grabolle bei der Einweihung des Unteren Hofes des Thurnauer Schlosses im August 2001, als das Orchester des Musikvereins mit einem anspruchsvollen Programm über 500 Besucher zu wahren Begeisterungsstürmen hinriss. Die Thurnauer Schlosskonzerte waren geboren, sie sind nach nunmehr vier Jahren nicht mehr aus dem örtlichen Veranstaltungskalender wegzudenken und gehören schon genauso zur festen Tradition wie das Maiblasen oder die Herbstkonzerte. Enge Verbindungen bestehen seit dem Jahr 2000 auch zur süditalienischen Stadt Positano. Sowohl in Positano, als auch in Thurnau wurden die Partnerschaftsurkunden unterzeichnet – und immer mittendrin, statt nur dabei die Mitglieder des Musikvereins Thurnau und des Musikvereins Franco di Franco aus Positano. Unvergessen wird den Teilnehmern das große Partnerschaftsfest im September 2000 in Thurnau bleiben, als der hiesige Musikverein die italienische und die Gäste die deutsche Hymne intonierten und man anschließend gemeinsam den passenden Marsch „In Harmonie vereint“ schmetterte. In den Jahren 2001 (damals am Morgen nach dem Herbstkonzert) und 2002 reisten Musiker aus Thurnau in den Herbstferien in die Partnerstadt an der Amalfiküste, viele Freundschaften entstanden, mittlerweile wurde ja auch ein Partnerschaftsverein gegründet.
Der Musikverein im Jubiläumsjahr
Der Musikverein Thurnau hat im Jubiläumsjahr 2005 exakt 305 Mitglieder, davon sind nicht weniger als 96 Aktive und sieben Ehrenmitglieder. Das umfangreiche Jubiläums-Programm begann für den Musikverein Thurnau bereits am 9. Januar mit einem Kirchenkonzert in der überfüllten St. Laurentiuskirche. Ein weiterer Höhepunkt im bisherigen Jahresverlauf war die Verleihung der Pro-Musica-Plakette. Der bayerische Kunstminister Dr. Thomas Goppel überreichte die hohe Auszeichnung am 13. März in Bad Kissingen an Vorsitzenden Walter Hofmann, seine Stellvertreterin Iris Müller und an Festleiter Jürgen Männche. Eine Premiere feierte der Musikverein am 24. April im Kutschenhaus des Schlosses: Erstmals gestalteten sämtliche Nachwuchsmusiker ein großes Frühjahrskonzert, das die bislang üblichen Vorspielnachmittage ersetzte. Natürlich ließen es sich die Aktiven des Musikvereins auch im Jubiläumsjahr und trotz des ganzen Fest-Vorbereitungs-Stresses nicht nehmen, die Thurnauer Bürger am 1. Mai wie alle Jahre musikalisch zu wecken. Wenn die Jubiläumsfeier vorbei ist, bleibt keine Zeit, sich groß auszuruhen, denn weitere Highlights folgen: das Schlosskonzert im August, das Herbstkonzert, das mit einem Ehrenabend verbunden wird, und – am 26. Dezember – ein Abschluss-Gottesdienst mit musikalischer Begleitung in der katholischen Kirche St. Marien.
Der Musikverein Thurnau ist also nicht nur für das Jubiläumsjahr, sondern auch für die Zukunft bestens gerüstet. Hier macht es einfach Spaß, Musik zu spielen.